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Kommentar: Bundesregierung erwägt Ausschluss von Huawei im 5G-Netz - Unsere Presse wird immer sensationsgieriger

Hier mal wieder ein schönes Beispiel für fehlgeleiteten Journalismus und Politik zugleich. Da werden aus Gerüchten plötzlich Fakten, da wird einem unzurechnungsfähigen Präsidenten, der keine Beweise liefert, aus der Hand gefressen und die Medien werden sensationsgierig.

Huawei ist mal wieder böse und die gute alte Bundesregierung erwägt angeblich einen Ausschluss in seiner 5G Planung. Machen doch alle, da müssen auch wir mitmachen. Das alles natürlich ohne Fakten und Beweise. Es wird schon stimmen, was die Alteuropäer da drüben auf der anderen Seite des Ozeans so vor sich hin spinnen. Globalisierung ist mittlerweile auch aus der Mode gekommen und die anderen bösen Staaten wollen uns nur noch ausspionieren und unsere Produkte stehlen.

Warum ausgerechnet die Grünen in der Bundesregierung hier federführend sind, ist mir ein Rätsel. Eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge an das Bundesinnenministerium bringt das ganze Thema ins Rollen. Standen die Grünen nicht mal für die Globalisierung?

Dann ist da noch der angebliche Druck durch die USA und Trump. Die haben ohne Beweise chinesischen Firmen den Handelskrieg erklärt, lehnen generell die Globalisierung ab und handeln sowieso irrational. Warum sollten wir diesen Zirkus mitmachen? Hier sollte sich die Bundesregierung nicht steuern lassen und neutral bleiben, wie bisher. Noch im Dezember 2018 hatte sie Huawei 5G ein gutes Zeugnis ausgesprochen und nach Druck von der USA ändern sie nun ihre Meinung? Das sieht nicht nur unschön aus, sondern ist auch ziemlich unglaubwürdig.

Die Medien, sensationsgierig wie immer, plappern das dann gerne nach, unabhängig davon, dass Huawei hier in Deutschland längst vom BSI geprüft wurde. Auch wenn das BSI empfohlen hat, keinen Huawei-Boykott zu starten, wird in vielen aktuellen Beiträgen diese Tatsache einfach verschwiegen. Selbst bei IT-News Seiten wie Computerbase (die ich eigentlich sehr gerne lesen), t3n oder PCWelt fehlt der Hinweise auf das BSI-Ergebnis komplett (siehe weiter unten).

Öffentlich bekannte Beweise für eine Spionage-Kooperation zwischen Huawei und der chinesischen Regierung gibt es bisher nicht, darauf wies zuletzt auch BSI-Präsident Arne Schönbohm hin. Auch die USA haben keine Beweise vorgelegt. Huawei selbst weist die Anschuldigungen kategorisch zurück.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht keine konkreten Beweise für den Spionageverdacht gegen den chinesischen Telekommunikationsausrüster Huawei und spricht sich gegen einen Bann des Unternehmens etwa beim anstehenden Aufbau der neuen 5G-Mobilfunknetze aus. "Für so gravierende Entscheidungen wie einen Bann braucht man Belege", sagte BSI-Präsident Arne Schönbohm, diese lägen seiner Behörde nicht vor. Das BSI selbst verlasse sich aber nicht nur auf Huaweis Einrichtung. Seine Mitarbeiter besorgten sich Bauteile des chinesischen Herstellers aus der ganzen Welt, um diese zu prüfen.

Laut Spiegel hatte sich bereits im März 2018 ein Telekom-Vorstand beim BSI und dem Bundesamt für Verfassungsschutz erkundigt, ob auch deutsche Behörden die Warnung der US-Behörden teilen. Auch damals hieß es, es gebe "keine belastbaren Erkenntnisse". Die Behörden würden die Industrie aktiv informieren, sollte sich dies ändern, heißt es im Spiegel.

Zusätzlich hat Huawei Technologies im November 2018 zusammen mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, offiziell sein Security Innovation Lab in Bonn eröffnet. Ziel ist es, die Cybersicherheitsrisiken zukünftiger Informations- und Kommunikationstechnologien zu minimieren und zur Zertifizierung und globalen Standardisierung im Sicherheitsbereich beizutragen. Das neue Labor will in Zukunft eng mit deutschen Kunden, Partnern, Forschungseinrichtungen und Regierungs- oder Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. Auch eine Offenlegung von Quellcodes ist hier möglich.

Die Quelle für fast alle Beiträge ist wohl das Handesblatt und die meisten Medien plappern den Inhalt einfach nach. Allerdings ohne dabei ihrer Sorgfaltspflicht nachzugehen, zu recherchieren und evtl. wirklich aufzuklären. Das ist diesmal ziemlich auffällig.

Seiten ohne Hinweis auf das BSI Ergebnis:

u.v.a.

Seiten mit Hinweise auf das BSI Ergebnis:


Cachys Blog hat um eine Stellungsnahme seitens Huawei gebeten. Hier die Antwort:

Huawei begrüßt grundsätzlich alle Initiativen, künftige 5G-Netze so sicher wie möglich zu bauen und zu betreiben. In diesem Zusammenhang hat Huawei als Unternehmen in den vergangenen Jahren erhebliche Beiträge in den globalen 5G-Standardisierungsgremien geleistet. Jeglicher Fortschritt setzt unseres Erachtens einen faktenbasierten Dialog voraus. Durch im globalen Standard festgelegte umfassende Verschlüsselungsmaßnahmen werden Daten in 5G-Netzen beispielsweise im Vergleich zu den derzeit vorhandenen 4G-Netze mit einem großen Zugewinn an Sicherheit übertragen werden können.

Wir begrüßen auch den von der Bundesregierung öffentlich kommunizierten Ansatz der Verifizierung und Standardisierung von technologischen Lösungen, den wir durch unser in Bonn letztes Jahr eröffnetes Sicherheitslabor aktiv unterstützen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir alle technologischen Sicherheitsanforderungen bei 5G-Netzen vollumfänglich erfüllen können und verweisen auf unsere sehr gute Sicherheitsbilanz als ein global führender Lieferant von 4G-Netzen. Vor diesem Hintergrund sehen wir keinen rational nachvollziehbaren Grund, Huawei vom Aufbau der 5G-Infrastruktur in irgendeinem Land der Welt auszuschließen. Jeglicher Ausschluss eines Anbieters in einem Markt mit wenig Lieferanten führt in der Regel zu schlechterer Qualität bei höheren Preisen.

Nicht falsch verstehen, ich bin weder für einen Ausschluss von Huawei noch dagegen. Sollte Huawei wirklich ausgeschlossen werden, bleiben nur noch Nokia und Erricson für 5G übrig. Dann würde das 5G Knowhow in Europa bleiben.

Aber das ist nicht der Punkt. Wir brauchen in Zukunft eine objektive Berichterstattung mit allen Sichtweisen. Denn genau das erwarte ich von unseren Medien und unserer Presse. Diese aktuelle Meldung zeigt exemplarisch, dass sich kaum jemand noch die Mühe macht zu recherchieren und alle lieber einfach von anderen Seiten nachplappern. Als Link wäre das ja kein Thema, aber als eigener Beitrag? Masse statt Klasse.

Gruß
Frank

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Mitglied: himmi42
himmi42 18.01.2019 um 15:20:56 Uhr
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schön geschrieben danke!

in berlin sitzen viel zu viel leute die über sachen reden und entscheiden und davon keine ahnung haben
das ist normal nicht schlimm, schlimm ist nur das die sich früher haben beraten lassen und nicht erzählt und umgesetzt was sie so denken
in der beziehung ist das doch schlimmer als bei trump, der erstmal alles was denken kann entlassen hat
der unterschied ist das er es öffetlich macht und bei uns läuft das im stillen

zum glück stirbt die generation, die angenommen hat "was in der zeitung steht stimmt" bald aus. die können nicht mehr umdenken das heute jeder seine meinung nicht nur offen äußern kann, sondern die auch in großen buchstaben auf dem alexanderplatz aufstellen, egal was für ein unsinn es ist

wenn ich in zeitungen oder Im netz über ein thema lese wovon ich denke ahnung zu haben und mir vorstelle, dass der inhalt und die qualität bei allen sachen von denen ich keine ahnung habe die selbe ist, dann sollte ich lieber nix mehr lesen....
Mitglied: areanod
areanod 18.01.2019 um 17:53:36 Uhr
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Vielen Dank für den Beitrag, genau das Thema ist ja nicht nur in Deutschland sondern in vielen Ländern dieser Welt ein Thema.

Da hat ein Tru... Troll ein Gerücht in Umlauf gebracht, ohne jemals irgendwelche Beweise zu liefen, und die ganze Welt hält den Atem an. Sicherlich kann das, was dieser hochangesehene, kompetente und sympathische Troll von sich gegeben hat, nur der Wahrheit entsprechen?

Jetzt mal ganz ohne Spaß, das was Huawei trifft ist ein unverdienter Shitstorm sondergleichen und sollten, wenn sie tatsächlich von den Ausschreibungen ausgeschlossen werden, ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.

Wie Frank selbst bin ich weder ein Huawei Fanboy noch finde ich deren Technik oder Marke schlecht, ich sehe nur nicht ein, warum der Markt beschädigt werden soll, nur weil jemand meint sich besonders wichtig machen zu müssen?


Zitat von @himmi42:

zum glück stirbt die generation, die angenommen hat "was in der zeitung steht stimmt" bald aus. die können nicht mehr umdenken das heute jeder seine meinung nicht nur offen äußern kann, sondern die auch in großen buchstaben auf dem alexanderplatz aufstellen, egal was für ein unsinn es ist

Ich behaupte jetzt ganz einfach mal, dass die Zahl der Menschen mit dieser Gesinnung (was in der Zeitung steht stimmt) nicht ab- sondern zunimmt, lediglich die Medien ändern sich.

Als Österreicher der seine bürgerliche Pflicht des Wählens wirklich ernst nimmt, vor jeder Wahl die Programme der einzelnen Parteien liest, (ausgewählte) Vorträge bzw. Reden der Spitzenkandiaten anhört, kann ich es mir nämlich nicht anders erklären, wie sonst eine rechtspopulistische Partei wie die FPÖ in die Bundesregierung gekommen ist.
"Was-in-der-Zeitung-steht-stimmt" dem Sinn nach stirbt vielleicht aus, wird aber mMn durch etwas viel gefährlicheres ersetzt, nämlich "Ich-glaube-alles-was-sich-gut-anhört"

Ich bin mir nicht sicher ob ich jetzt etwas offtopic gewandert bin, aber die 5G Diskussion um Huawei spiegelt mMn eine gefährliche Strömung im aktuellen Zeitgeist wieder.
Mitglied: 117471
117471 19.01.2019 um 10:21:45 Uhr
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Hallo,

Huawei hätte aber auch die Möglichkeit, diese Gerüchte durch Transparenz und Offenlegung zu entkräften.

Gruß,
Jörg
Mitglied: areanod
areanod 19.01.2019 um 13:00:17 Uhr
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Zitat von @117471:

Hallo,

Huawei hätte aber auch die Möglichkeit, diese Gerüchte durch Transparenz und Offenlegung zu entkräften.

Gruß,
Jörg


Hey Jörg,

Du hast grundsätzlich recht, dann sollten das aber auch die Mitbewerber tun, die an einer entsprechenden Ausschreibung mitmachen (wollen).

lG
Mitglied: Frank
Frank 19.01.2019 aktualisiert um 22:02:09 Uhr
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Hi,

Huawei hätte aber auch die Möglichkeit, diese Gerüchte durch Transparenz und Offenlegung zu entkräften

genau das machen sie ja bereits. Gegenüber anderen Firmen kann Quellcode, die Technologie und auch die Hardware im Security Innovation Lab in Bonn angesehen werden. Auch die Verifizierung von Produktsicherheit ist dort möglich. Aber das findet in der Presse, in Zusammenhang mit dem 5G Huawei-Boykott, keine besondere Erwähnung.

Was wollen die deutschen Kunden, Partnern, Forschungseinrichtungen sowie Regierungs- und Aufsichtsbehörden denn noch mehr?
Bin mir nicht sicher, aber macht das Nokia und Erricson auch?

Zusätzlich hat Huawei Technologies im November 2018 zusammen mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, offiziell sein Security Innovation Lab in Bonn eröffnet. Ziel ist es, die Cybersicherheitsrisiken zukünftiger Informations- und Kommunikationstechnologien zu minimieren und zur Zertifizierung und globalen Standardisierung im Sicherheitsbereich beizutragen. Das neue Labor will in Zukunft eng mit deutschen Kunden, Partnern, Forschungseinrichtungen und Regierungs- oder Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. Auch eine Offenlegung von Quellcodes ist hier möglich.

Gruß
Frank
Mitglied: orcape
orcape 22.01.2019 um 11:52:18 Uhr
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Hi,
Zitat von @himmi42:

in der beziehung ist das doch schlimmer als bei trump, der erstmal alles was denken kann entlassen hat

Nun ja, mit so etwas würde ich vorsichtig sein, denn auch der "zu lange Weg" unserer "allseits geliebten" Spitzenpolitikerin Angela, ist mit "Entlassungsopfern" gepflastert, von denen wohl einige davon, als fähiger galten wie Ihre Nachfolger.
In diesen Kreisen geht man nun einmal über "Leichen", um die eigenen Ziele knallhart durchzuboxen.

Was die Art und Weise betrifft, wie man seitens der Medien, hier mit Huawei umgeht, reiht sich nahtlos ein in die Art, wie man mit Gegnern umgeht, die nicht so mitspielen wie man das gerne hätte.
Zentrale: Shenzhen, Volksrepublik China, sagt für mich eigentlich alles....
Der Feind steht im Osten, ob nun in Russland oder China das spielt keine Rolle. Hier geht es um Absatzmärkte, Rohstoffe und Gewinne von Grosskonzernen und dafür ist jedes Mittel recht.
Gruß orcape