Netzklassen im Jahr 2022
Moin-Moin!
Als vor 37 Jahren die Subnetzmasken eingeführt und vor 29 Jahren Netzklassen endgültig eingemottet wurden, hatten die Schöpferinnen und Schöpfer dieser Standards vermutlich angenommen, dass der alte Krempel ziemlich sicher schnell verschwindet.
Was bei analogem Farbfernsehen, Langwellen-Radio, Euroschecks und einem Teil der Insektenarten erstaunlich effizient funktioniert, hat die Netzklassen bisher nicht ausradieren können.
Auch, weil sie in Produkten des Netzwerkausrüsters Cisco sowie den Cisco-Mimikri wie Quagga ganz offensichtlich ein Refugium des dauerhaften Seins gefunden haben.
Nicht nur, dass man je nach Firmware noch bis nach 2004 explizit "ip classless" aktivieren musste, nein, der ruhelose Geist der Klasse B-Netzwerke und der längst vergangenen Weihnacht spukt weiterhin durch die Routingtabellen!
So fiel es mir heute wieder mal auf, als ich auf einem Cisco-Router (Baujahr 2018) die BGP-Routen durchsuchte:
Hier mal beispielhaft eine gekürzte Routingtabelle mit den Routen, die Vodafone feilzubieten hält:
Na? Bemerkt?
Bei den "Natural Networks", wie sie pathetisch bezeichnet werden, ist keine Präfixlänge angegeben. Wozu auch, denn "/16" ist ja schließlich die "natürliche" Präfixlänge von 145.253.0.0 - zumindest nach Maßstäben aus Zeiten, als Helmut Kohl noch Kanzler einer frisch geeinten Nation war (bzw. Franz Vranitzky für unsere Leser aus Österreich ).
Gleiches gilt für "/24" in den mal dagewesenen Klasse C-Bereichen.
Mir ist mit einer Mischung aus Schreck und Lachen beinahe mein Raider auf den Flokati gefallen!
Wann immer Netzklassen erwähnt werden, stöhne ich reflexartig genervt auf, verdrehe die Augen, erinnere mich dann an meine Omma die mir einredete, dass die Augen dann irgendwann so bleiben - und stelle dann wortreich und pikiert fest, dass das Wissen über Netzklassen in der modernen Welt für wirklich nichts zu gebrauchen ist. Außer möglicherweise in Klausuren, die von Opel fahrenden Lehrkörpern in Strickpullunder und Cordhose entworfen wurden.
Zumindest ein weiteres Einsatzgebiet dafür haben wir dann jetzt wohl gefunden...
Ich meine: Wenn die Router wenigstens Holzfurnier und silberne Drehknöpfe hätten, wäre es ja immerhin "Retro".
Juniper und Extreme Networks zeigen übrigens grundsätzlich immer die Präfixlänge an. Die haben offenbar das Memo bekommen
Als vor 37 Jahren die Subnetzmasken eingeführt und vor 29 Jahren Netzklassen endgültig eingemottet wurden, hatten die Schöpferinnen und Schöpfer dieser Standards vermutlich angenommen, dass der alte Krempel ziemlich sicher schnell verschwindet.
Was bei analogem Farbfernsehen, Langwellen-Radio, Euroschecks und einem Teil der Insektenarten erstaunlich effizient funktioniert, hat die Netzklassen bisher nicht ausradieren können.
Auch, weil sie in Produkten des Netzwerkausrüsters Cisco sowie den Cisco-Mimikri wie Quagga ganz offensichtlich ein Refugium des dauerhaften Seins gefunden haben.
Nicht nur, dass man je nach Firmware noch bis nach 2004 explizit "ip classless" aktivieren musste, nein, der ruhelose Geist der Klasse B-Netzwerke und der längst vergangenen Weihnacht spukt weiterhin durch die Routingtabellen!
So fiel es mir heute wieder mal auf, als ich auf einem Cisco-Router (Baujahr 2018) die BGP-Routen durchsuchte:
Hier mal beispielhaft eine gekürzte Routingtabelle mit den Routen, die Vodafone feilzubieten hält:
# show ip bgp routes regular-expression _3209$
Status codes: s suppressed, d damped, h history, * valid, > best, = multipath,
i internal, r RIB-failure, S Stale, R Removed
Origin codes: i - IGP, e - EGP, ? - incomplete
Network Next Hop Metric LocPrf Weight Path
*>i78.94.128.0/17 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i80.69.96.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i80.69.96.0/21 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i80.69.104.0/21 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i80.226.0.0/16 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i81.16.20.0/24 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i81.210.128.0/17 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i134.3.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i134.3.0.0/17 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i134.3.128.0/17 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i134.98.0.0/17 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i134.98.128.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i139.7.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i145.253.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i145.253.0.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i145.254.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i145.254.0.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i146.52.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i146.60.0.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i147.78.16.0/24 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i147.78.18.0/24 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i193.29.22.0/23 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i193.30.44.0/22 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i193.30.48.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i193.34.207.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i193.37.131.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i212.8.7.0 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i212.8.8.0/21 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i212.8.16.0/20 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 ?
*>i212.144.0.0/16 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
*>i213.23.0.0/16 xx.xx.xx.xx 0 100 0 3209 i
Displayed 300 out of 881761 total prefixes
Na? Bemerkt?
Bei den "Natural Networks", wie sie pathetisch bezeichnet werden, ist keine Präfixlänge angegeben. Wozu auch, denn "/16" ist ja schließlich die "natürliche" Präfixlänge von 145.253.0.0 - zumindest nach Maßstäben aus Zeiten, als Helmut Kohl noch Kanzler einer frisch geeinten Nation war (bzw. Franz Vranitzky für unsere Leser aus Österreich ).
Gleiches gilt für "/24" in den mal dagewesenen Klasse C-Bereichen.
Mir ist mit einer Mischung aus Schreck und Lachen beinahe mein Raider auf den Flokati gefallen!
Wann immer Netzklassen erwähnt werden, stöhne ich reflexartig genervt auf, verdrehe die Augen, erinnere mich dann an meine Omma die mir einredete, dass die Augen dann irgendwann so bleiben - und stelle dann wortreich und pikiert fest, dass das Wissen über Netzklassen in der modernen Welt für wirklich nichts zu gebrauchen ist. Außer möglicherweise in Klausuren, die von Opel fahrenden Lehrkörpern in Strickpullunder und Cordhose entworfen wurden.
Zumindest ein weiteres Einsatzgebiet dafür haben wir dann jetzt wohl gefunden...
Ich meine: Wenn die Router wenigstens Holzfurnier und silberne Drehknöpfe hätten, wäre es ja immerhin "Retro".
Juniper und Extreme Networks zeigen übrigens grundsätzlich immer die Präfixlänge an. Die haben offenbar das Memo bekommen
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Content-ID: 2983373950
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Ausgedruckt am: 26.12.2024 um 01:12 Uhr
5 Kommentare
Neuester Kommentar
Danke für diese sehr lesenswerte Pfingstlektüre mit der du vielen Netzwerk Admins direkt aus der Seele sprichst was die "Klassen" anbetrifft. Man denke nur an die vielen wiederkehrenden, freitaglichen Berufsschulfragen hier im Forum zu der Thematik...
Hoffentlich ist die Router Firmware nicht auch von 2018?
Ggf. ist das in einer aktuellen FW Version gepatcht. Ansonsten einen P3 Case im Cisco TAC aufmachen und das fixen lassen. 😉
Hoffentlich ist die Router Firmware nicht auch von 2018?
Ggf. ist das in einer aktuellen FW Version gepatcht. Ansonsten einen P3 Case im Cisco TAC aufmachen und das fixen lassen. 😉
Noch immer wird der Begriff Klasse bei den privaten Netzen genutzt, liest man auch hier noch oft.
Zudem bin ich der Meinung, dass IPv4 endlich sterben muss. Dann wären wir den ganzen Käse los und auch NAT wäre de facto Geschichte.
Nervig an der fehlenden Präfixlänge ist, dass man nicht immer drauf kommt, was damit jetzt gemeint ist. Bei den privaten Netzen ist das bekannter, aber auch da nutzen viele nicht die eigentliche Größe der Klasse, sondern betrieben Sub- oder Supernetting (sieht man auch oft im Privatbereich).
Zudem bin ich der Meinung, dass IPv4 endlich sterben muss. Dann wären wir den ganzen Käse los und auch NAT wäre de facto Geschichte.
Nervig an der fehlenden Präfixlänge ist, dass man nicht immer drauf kommt, was damit jetzt gemeint ist. Bei den privaten Netzen ist das bekannter, aber auch da nutzen viele nicht die eigentliche Größe der Klasse, sondern betrieben Sub- oder Supernetting (sieht man auch oft im Privatbereich).
Mir ist mit einer Mischung aus Schreck und Lachen beinahe mein Raider auf den Flokati gefallen!
Der war gut! Auch wenn etliche unserer jungen Kollegen hier etwas verständnislos dreinschauen dürften Hint: Das eine ist lecker und gibt's noch, das andere hatte was von einem Haustier, ist hoffentlich aber ausgestorben
Harald Zisler, Computer-Netzwerke, Rheinwerk-Verlag 2018:
"Früher konnten Sie einer IP-Adresse bereits ansehen, welcher Netzklasse sie angehörte. ... Jedoch wurde diese Einteilung seit Längerem aufgehoben, um der Adressknappheit etwas abzuhelfen."
Sodann werden die Netzwerkklassen ausführlich in zwei Tabellen und Erläuterungen dargestellt (S. 91), immerhin noch einmal "die Bereichsangaben als "mehr oder weniger historisch"bezeichnet. Nach den hübschen Tabellen habe ich als Netzwerkanfänger seinerzeit die Klassen noch für recht lebendig gehalten.
Wenn gelobte Lehrbücher (und wahrscheinlich auch die eine oder andere Vorlesung) das heute noch so unpräzise darstellen (was ist "mehr oder weniger historisch"?), muss man sich natürlich nicht wundern. Zum Glück gibt es ja hier die wertvollen und zeitgemäßen Beiträge von Euch lieben Kollegen. - Und auch Sascha Kersken stellt das sehr viel klarer dar.
Viele Grüße, commodity
Moin,
das Wissen um die Netzklassen ist dennoch nicht unwichtig.
Bei uns, Industriebude mit z. T. recht alten Maschinen (> 30 Jahre), existieren zwei oder drei, die nichts mit Subnetting anfangen können. Als ich damals unser Netz von 192.168.*.* auf 172.16.*.* umstellen wollte (inkl. VLANs) mochten diese beiden Maschinen das irgendwie nicht, als ich denen bei einem 172.16.11.0 /25 um die Ecke kam. Die Subnetmask wurde schlicht nicht akzeptiert.
Den Chef konnte ich auch nicht überzeugen, deshalb eine 600.000€ teure Produktionsmaschine neu zu kaufen, tut die alte es noch und wirtschaftet brav vor sich hin...
Ende vom Lied: Diese beiden Maschinen blieben in einem 24er-Netz, aber mit einer 192.168.11.x IP...
Zugegeben, sicherlich eher Einzelfälle aber die alten Hasen sterben irgendwann aus und dann wundern sich alle, warum die "Sch..ße" nicht so will, wie mal selbst.
Fazit:
darauf herumreiten sollte man sicherlich nicht, aber es völlig unter den Tisch kehren vermutlich auch nicht.
das Wissen um die Netzklassen ist dennoch nicht unwichtig.
Bei uns, Industriebude mit z. T. recht alten Maschinen (> 30 Jahre), existieren zwei oder drei, die nichts mit Subnetting anfangen können. Als ich damals unser Netz von 192.168.*.* auf 172.16.*.* umstellen wollte (inkl. VLANs) mochten diese beiden Maschinen das irgendwie nicht, als ich denen bei einem 172.16.11.0 /25 um die Ecke kam. Die Subnetmask wurde schlicht nicht akzeptiert.
Den Chef konnte ich auch nicht überzeugen, deshalb eine 600.000€ teure Produktionsmaschine neu zu kaufen, tut die alte es noch und wirtschaftet brav vor sich hin...
Ende vom Lied: Diese beiden Maschinen blieben in einem 24er-Netz, aber mit einer 192.168.11.x IP...
Zugegeben, sicherlich eher Einzelfälle aber die alten Hasen sterben irgendwann aus und dann wundern sich alle, warum die "Sch..ße" nicht so will, wie mal selbst.
Fazit:
darauf herumreiten sollte man sicherlich nicht, aber es völlig unter den Tisch kehren vermutlich auch nicht.