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GOBD kann (technisch) gar nicht erfüllt werden

Hallo zusammen,
einer meiner Kunden wurde trotz korrekter Buchführung bei einer Prüfung geschätzt. Grund hierfür war, dass das Rechnungsprogramm laut dem Finanzamt nicht GOBD konform ist. Der Hersteller behauptet aber, dass das Programm GOBD konform sei.

Das Thema hat mich nun die letzten Tage zum Nachdenken bewegt und wollte jetzt mal ein paar Gedanken in den Raum werfen und schauen was euer Senf dazu ist.


Allgemeine Situation
  • Laut GOBD dürfen Unternehmer die alleine agieren, keine Nachteile haben (z.B. 4-Augen-Prinzip kann beim Ersetzenden Scannen nicht angewendet werden)
  • Es gibt keine offizielle Zertifizierung der Programme vom BFM
  • Es gibt keine öffentlich einsehbare Liste GOBD konformer Programme (aus Sicht der Finanzämter bzw. BFM)
  • Es gibt keine öffentlich einsehbare Liste der nicht GOBD konformen Programme (aus Sicht der Finanzämter bzw. BFM) (diese existiert intern wohl aber!)

Interne Programme:
  • Unterliegen der eigenen Verantwortung, Wartung usw.
  • Sicherungen können erstellt und beliebig zurückgespielt werden (Programmsicherungen oder ganze VMs)
  • Datenbanken können manipuliert werden
  • Prinzipiell kann alles manipuliert werden, ist nur eine Frage des Aufwandes

Beispiel Mailstore:
  • Kein Internet, Heruntergefahren, Neustart, Abgestürzt => Mailstore bekommt Änderungen in den Postfächern nicht mit
  • Wenn Mailstore in VM könnte die gesamte VM z.B. auf einen alten Snapshot/Sicherung ausgetauscht werden

Beispiel Rechnungsprogramm:
  • Sicherungen können erstellt und wiederhergestellt werden
  • Prinzipiell könnte das gesamte Datenverzeichnis / Datenbank überschrieben werden
  • Kann später nicht nachvollzogen werden / kann jederzeit unterstellt werden

Fazit:
Nicht GOBD-Konform realisierbar.


Externe Programme:
  • Man ist an den externen Dienstleister gebunden
  • Man kann die Aussage des Dienstleisters bezüglich GOBD-Konformität nicht nachprüfen
  • Externe Dienstleister können wie jedes andere Unternehmen insolvent, geschlossen, etc. werden
  • Eine permanente Aufbewahrung / Verfügbarkeit über 10 Jahre kann nicht garantiert werden
  • Anbindung an externe Dienstleister kann unterbrochen werden (z.B. MX-Einträge)

Fazit:
Nicht GOBD-Konform realisierbar.


Soll heißen die GOBD kann technisch / organisatorisch nicht erfüllt werden, man unterliegt immer der Möglichkeit einer Schätzung weil die Finanzprüfer immer die Konformität in Zweifel ziehen können ¯\_(ツ)_/¯

p.s mir geht es nicht um den einen konkreten Fall, sondern die allgemeine Realisierbarkeit.

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Ausgedruckt am: 21.11.2024 um 16:11 Uhr

2423392070
2423392070 21.01.2023 um 12:16:13 Uhr
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Ja. Zur Not Klagen.
em-pie
em-pie 21.01.2023 aktualisiert um 12:38:03 Uhr
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Ach, die GOB selbst kannst du eh nie zu 100% erfüllen.

Rechnungsbeleg und Kontoauszug vernichtet: „hab vom Lieferanten nie was bekommen“

Selbst wenn du (gezielt) etwas manipulierst. An irgendeiner Stelle wirst du immer einen Nachweis vorfinden, das was passiert ist.

Am HyperV/ ESXi sieht man, dass ein Snapshot wieder hergestellt wurde (außer, du löscht auch da alle LogFiles. Fällt auch auf). Oder du siehst im MailGateway, dass die Mail zugestellt wurde…

Und wer bewusst die Sachlage manipuliert, hat, neben der GoBD-Verlertzung, noch ganz andere Probleme.

Die Frage ist, was bei dem o.g. Fall konkret bemängelt wurde. Bei unseren FAmt-Prüfungen gab es bisweilen nie Probleme…
Lochkartenstanzer
Lochkartenstanzer 21.01.2023 um 14:00:20 Uhr
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Moin,

Ianal, aber nach meiner Lebenserfahrung darf das FA nicht einfach behaupten, ein Programm wäre nich GODB- konform, sondern muß konkret darlegen warum. Vo daher Widerspruch einlegen und notfalls klagen. Genaueres kann aber der Steuerberater Deines Vertrauens dazu sagen.

Im übrigen kann man auch mit GODB-konformen Programmen "kreative Buchführung" betreiben. Von daher kann imho das allein kein Kriterium sein, daß die eine Buchführung glaubhaft ist aks die andere. Man kann ohne GODB-konforme Programme die Bücher GODB-konform führen.

lks

PS: In erstaunlich vielen Fällen ist das FA handzahm, wenn die ganzen Steuererklärungen und die Korrespondenz einen Umweg über enen Steuerberater nehmen. Seitdem habe ich z.B. Ruhe vor solchen Schikanen des FA.
2423392070
2423392070 21.01.2023 um 20:13:28 Uhr
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Rechtlich ist es wirklich so, dass das Finanzamt erstmal diese Behauptung aufstellen kann, genau wie die Schätzung.
Wenn der Einspruch nichts bringt, dann wird die Klage obligatorisch.

Ich würde auch nicht so überrascht tun, dass eine Software nicht konform ist. Da war mit Sicherheit lange genug klar und war auch sicherlich einer der Gründe für die Auswahl.
C.R.S.
C.R.S. 21.01.2023 um 22:06:16 Uhr
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Die GoBD sind Verfahrensvorgaben, kein Produktstandard. Ein "GoBD-konformes Rechnungsprogramm" kann es demnach nicht geben, sondern das Herstellermarketing will damit vermutlich sagen, dass eine Buchführung gemäß GoBD mit seinem Produkt in höchstem Maße erleichtert wird. Das hält Unternehmen nicht davon ab, ohne "GoBD-konformes Rechnungsprogramm" den Anforderungen zu genügen, oder mit einem "GoBD-konformen Rechnungsprogramm" den Anforderungen nicht zu genügen.

Daraus folgt, dass die GoBD tatsächlich technisch nicht erfüllbar sind, sondern nur durch Anwendung geeigneter Verfahren auf Grundlage geeigneter Technik. Die Anforderungen sind insbesondere auch dann erfüllbar, wenn die Technik Manipulationsmöglichkeiten nicht vollkommen ausschließt.

Grüße
Richard
2423392070
2423392070 21.01.2023 um 22:10:02 Uhr
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Der Vorwurf sei ja, dass die Software nicht genügt. Dass man immer be###en kann, das ist klar.

Es gibt für wenige Euro im Monat, Lexware, Wiso, DATEV usw...
Da ist die Fragen, welch obskure Software im Einsatz ist mindestens berechtigt. Die Genannten werden jedenfalls nicht pauschal als ungeeignet abgelehnt.
ukulele-7
ukulele-7 23.01.2023 um 09:31:53 Uhr
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Ich würde auch erstmal wissen wollen um welche Software es hier geht und wie schon geschrieben wurde sind GoBD in erster Linie Regeln zur Erstellung der FIBU und für die Verfahren drum herum.

Eine Schätzung erfolgt nie ausschließlich auf Basis einer Verletzung der GoBD es muss immer einen weiteren Sachverhalt geben der nicht korrekt gebucht wurde. Erst dann wird das FA den GoBD Verstoß nutzen um ein grundsätzliches Problem daraus zu machen und es nicht als Einzelfall deuten. Ich denke dein Kunde hat hier deutlich mehr Mist gebaut als er zugeben möchte, nur an der GoBD wird es nicht gelegen haben.

Außerdem redet als erstes immer der Steuerberater mit dem FA, der wird sehr genau wissen wo das Problem liegt, hat eventuell auch selbst schlecht gearbeitet. Als Außenstehender ist es unmöglich zu sagen woran es gelegen hat aber wenn der Prüfer vom FA keine andere Basis als die genutzte Software hätte würde das jeder Steuerberater/Mandant vor Gericht bringen.

Ich kenne genug Geschichten wo die "Opfer" des FA immer so tun als wollte man ihnen Böses aber das ihr eigenes Geschäft schon dubiose Züge hat erzählt einem keiner. Das FA wird extrem schnell unangenehm wenn Zahlen nicht plausibel sind - Das Problem daran sind aber meistens die tatsächlichen Leichen im Keller die natürlich keiner zugibt.
anteNope
anteNope 23.01.2023 um 09:46:25 Uhr
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Ich würde auch erstmal wissen wollen um welche Software es hier geht und wie schon geschrieben wurde sind GoBD in erster Linie Regeln zur Erstellung der FIBU und für die Verfahren drum herum.

Der Vorwurf sei ja, dass die Software nicht genügt.

Macht euch mal von diesem konkreten Fall frei und überlegt allgemein über das Thema nach.
Lochkartenstanzer
Lochkartenstanzer 23.01.2023 um 09:56:26 Uhr
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Zitat von @anteNope:

Macht euch mal von diesem konkreten Fall frei und überlegt allgemein über das Thema nach.

Allgemein ist es ganz einfach:

Nicht die Technik "macht" GOBD-konform, sondern die eigentliche Buchführung, die plausibel und nachvollziehbar sein muß (von korrekt hat keiner was gesagt. face-smile). Solange man sich an die Verfahrensweisen hölt und plausibel darlegen kann, daß man sorgfältig auf die GODB-Regeln geachtet hat, dürfte die Software egal sein. Gorb gesprochen:

Man könnte sogar mit "Excel" GODB-Konform arbeiten, wenn man dafür sorgt, daß "nichts nachträglich verändert werden kann". face-smile

Und Schätzungen haben, wie die Kollegen sagen, meist andere Ursachen. Es gibt genügend Fiormen mit "kreativer" Buchführung, die sich über sowas nciht zu wundern brauchen.

lks
ukulele-7
ukulele-7 23.01.2023 um 10:10:33 Uhr
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Mein Arbeitgeber ist in der Branche und GoBD ist wirklich nicht das große Problem, ist ja auch nicht so als wäre das eine neue Erfindung. Wenn der Mandant die FIBU selber macht muss er halt auch die Sorgfalt an den Tag legen. Wenn der Prüfer dann noch meckert hat er meist auch Gründe, die muss man dann ausräumen. Klar, auch das FA hat solche und solche Prüfer aber ich habe noch nie wirklich von Fällen gehört die nur an der GoBD hängen.